Page 2 - Emmentaler Woche - KW 13 - 2023
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SEITE 2 WEITERBILDUNG DIENSTAG, 28. MÄRZ 2023
Ein Mehrwert für die Gebärdensprachgemeinschaft
Thomas Schmidt ist gehörlos.
Und er lässt sich zum Betrieb-
lichen Mentor mit eidgenös-
sischem Fachausweis aus-
bilden. Er wird somit einer
der wenigen gehörlosen Be-
trieblichen Mentoren in der
Schweiz sein und darf sich si-
cher sein, dass seine Exper-
tise in- und ausserhalb seiner
direkten Zielgruppe viel Wert
sein wird.
Die Jobs im Bereich des be- Bilder: zVg / LWO
trieblichen Mentorings erleben Die Jobs im Bereich des betrieblichen Mentorings erleben seit einigen Jahren einen Aufschwung. Im Bild eine Klasse
seit einigen Jahren einen Auf- auf dem Weg zum Abschluss «Betriebl. Mentor/in mit eidg. Fachausweis» bei der Lernwerkstatt Olten.
schwung. Das Bedürfnis zeigt
sich nicht nur an der steigen- Für Thomas Schmidt wird die Wei- Thomas Schmidt: Mein Ziel ist nes Angebots des Betrieblichen lose Person als meine Kundin
den Anzahl Teilnehmender an terbildung zum Betrieblichen Mentor primär für die gehörlosen Men- Mentorings für gehörlose Men- oder mein Kunde bei der Arbeit
den Weiterbildungen auf die- bei der Lernwerkstatt Olten viele Per- schen – genauer der Gebärden- schen zählen die Gebärdenspra- und im Umfeld Kompetenzen,
sem Fachgebiet, sondern auch spektiven öffnen. sprachgemeinschaft – Mentoring che und mein persönlicher Hin- zur Stärkung persönlicher Res-
auf dem Arbeitsmarkt, wie die anzubieten. Das Angebot kann tergrund, da ich selbst gehörlos sourcen und Zufriedenheit ent-
Lernwerkstatt Olten als eine all gefragt. Auch bei der Gebär- beispielsweise Coaching, Exper- bin. Ich kenne die Kultur in der wickelt und so einen betriebli-
der führenden Weiterbildungs- densprachgemeinschaft. Dafür tenberatung oder auch individu- Gehörlosen-Gemeinschaft ge- chen Nutzen hat. Der Auftrag
anbieter (siehe: www.lwo.ch/ setzt sich der Schweizerische elle Trainings in der beruflichen nau. Mein Mentoring- und Coa- kann von einer Person oder von
mentor) bestätigt: In der Kom- Gehörlosenbund SGB-FSS er- Entwicklung am Arbeitsplatz ching-Angebot kann aber auch einem Unternehmen kommen.
plexität der heutigen Arbeits- folgreich ein. Und so wird Tho- umfassen. Heute leben wir im be- für «Nicht-Gehörlose» interes- Wir bearbeiten Herausforderun-
welt würde von Personen mit mas Schmidt die Weiterbildung ruflichen Umfeld und im Priva- sant sein. gen in der Entwicklung des be-
beratenden Funktionen, von zum Betrieblichen Mentor bei ten in einer grösseren Dynamik ruflichen Settings, wie Selbstor-
Coaching-Fachleuten und Trai- der Lernwerkstatt Olten viele von immer schneller werdenden Wie sollen Sie Mentoring im be- ganisation oder die Ausübung
nerinnen und Trainern sehr viel Perspektiven öffnen. Wir haben Veränderungen, Unsicherheiten, ruflichen Setting anwenden und von grösserer Selbstverantwor-
verlangt. In den Betrieben sei mit dem künftigen Mentoring- Mehrdeutigkeit und einer grösse- anbieten? Beziehungsweise wie tung. Es können aber auch ge-
deshalb das Mentoring ein zent- Fachmann gesprochen. ren Komplexität. Für den Einzel- wird Ihr Vorgehen sein im Be- zielt interkulturelle Aspekte,
rales Thema geworden, wenn es nen wie auch für Organisationen rufsalltag mit Gehörlosen? wie unterschiedliche Kommu-
darum ginge, innerbetrieblich Thomas Schmidt, Sie sind ak- ist dies eine ernstzunehmende Ich werde Mentoring als Selbst- nikation und Kulturen, bearbei-
Menschen auf einer beruflichen tuell in der Weiterbildung zum Herausforderung. Meine Motiva- ständiger oder als Eigentü- tet werden.
Etappe zu begleiten. Denn Men- Betrieblichen Mentor. Als Ge- tion ist insbeson- mer einer neu zu
toring ist mehr als Coaching. hörloser werden Sie ein Pionier dere den gehörlo- Mein Ziel ist primär gründeten Orga- Welche Unterschiede werden
Bei den mehrschichtigen und auf diesem Gebiet sein. Ihr Ziel sen Menschen in für die Gebärdensprach- nisation anbie- im Bereich des Lernsettings
vernetzten Aufgaben innerhalb ist, Mentoring für Gehörlose an- ihrer beruflichen gemeinschaft Mentoring ten. Ich begleite und der Konzeption zu beachten
der modernen Arbeitswelt ist zubieten. Wie schätzen Sie das Entwicklung zu anzubieten. Einzelpersonen – sein im Vergleich zum betriebli-
dies nicht verwunderlich. Bedürfnis bei der Zielgruppe helfen und sich meist gehörlose chen Mentoring für «Nicht-Ge-
ein und welches Potenzial und angesichts der künftigen be- Menschen – in ihrem Arbeits- hörlose»?
In der Arbeitswelt von heute welchen Mehrwert hat das An- ruflichen Dynamik stärker und umfeld bei Lern-, Veränderung- Ich bin in der Anfangsphase
wird Inklusion grossgeschrie- gebot Betriebliches Mentoring widerstandsfähiger zu positio- und Entwicklungsprozessen. der Weiterbildung und kann
ben und Fachpersonal ist über- für Gehörlose? nieren. Zu den Mehrwerten mei- Es geht darum, dass die gehör- noch zu wenig unterscheiden.
Mein Begleitungskonzept wird
sich mit systemischer und lö-
sungsorientierter Beratung und
Coaching befassen. Erste Er-
kenntnisse habe ich in den sys-
temischen Fragestellungen, im
Vorgehen und in der Anwen-
dung der Coaching-Tools. Es
liegt auch an mir selbst, in wel-
cher Art und Vorgehensweise
ich die Prozesse begleite und
wie ich die Fragen in Gebär-
densprache stelle. Ich werde im
Laufe der Weiterbildung weitere
Unterschiede erkennen.
Was haben Sie für sich ganz
persönlich während der Ausbil-
dung gelernt und wovon konn-
ten Sie während der Weiterbil-
dung am meisten profitieren?
Ganz persönlich habe ich über
meine Persönlichkeit, meiner
Haltung den Menschen gegen-
über und über Konstruktivis-
mus spürbar viel gelernt. Das
hat mir auch eine neue Dy-
namik gegeben. Von der ak-
tuellen Weiterbildung bei der
Lernwerkstatt Olten habe ich
profitiert, indem ich die Bestä-
tigung bekommen habe, mei-
nen Beruf nach meinen Be-
dürfnissen neu orientieren zu
wollen und dies kürzlich auch
so in Gang gesetzt habe.
JoW
www.lwo.ch/mentor