Page 7 - Oberland Woche - KW 39 - 2022
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DIENSTAG, 27. SEPTEMBER 2022                                                                                                                                 SEITE 7





             «Mehr Kontakt zwischen Landwirten                                                                 Schoop


                                  und Konsumenten»                                                                     Unsere Freiheit gegen
                                                                                                                       den Woke-Wahnsinn verteidigen


         Seit 30 Jahren setzen sich die
         «Bärner Bio Bure» für die Bio-                                                                         Winnetou-Bücher werden ein-
         landwirtschaft  im  Kanton                                                                             gestampft. Weisse Musiker
         Bern ein. Jetzt ändert der Ver-                                                                        mit Dreadlocks werden von
         ein seinen Namen: Ab sofort                                                                            der Bühne geholt. Dies alles
         heisst er «Bio Bern». Manuela                                                                          im Namen der «Wokeness» –
         Schüpbach, Geschäftsführe-                                                                             einer gefährlichen Modebewe-
         rin von «Bio Bern» stellt den                                                                          gung, die unsere freiheitlichen
         Verein kurz vor:                                                                                       Werte bedroht.

         Der Verein «Bärner Bio Bure»                                                                           «Woke» ist das Wort der Stunde,
         heisst ab sofort «Bio Bern».                                                                           oder  besser:  das Unwort  der
         Welche Idee steckt hinter dem                                                                          Stunde. Bis vor kurzem wussten
         Namenswechsel?                                                                                         wohl nur die wenigsten, was der
         Manuela Schüpbach: Die Ziele                                                                           Begriff bedeutet. Heute ist er in
         der Namensänderung sind                                                                                aller Munde. Entstanden ist er in   Dr. Adrian Schoop ist Unter-
         einerseits,  dass  auch  unsere                                                              Bilder: zVg  Amerika und meint ein «erwach-  nehmer und FDP-Grossrat.
         französischsprechenden Mit-       Neuer Name: Bio Bern will so die Sichtbarkeit des Biolandbaus erhöhen und   tes» Bewusstsein für (angeblich)
         glieder aus dem Berner Jura  die Biolandwirtschaft für die Konsumentinnen und Konsumenten zugäng-      unsoziale Zustände und für Ras-
         sich mit dem Namen identifi-      lich machen.                                                         sismus. Längst ist daraus aber  Cancel Culture
         zieren können, und dass wir                                                                            mehr geworden: Unter dem Vor-  auf dem Vormarsch
         auch die Vielzahl von Bio-Bäue-   Die grosse Steigerung der An-                                        wand der «Wokeness» gehen  Der jüngste Schrei im Woke-Uni-
         rinnen im Kanton Bern anspre-     zahl Mitglieder von 70 Bio-Be-                                       militante linke Minderheiten ge-  versum ist der Vorwurf der «kul-
         chen. Andererseits soll der neue  trieben auf heute rund 1400 Bio-                                     gen alles vor, was ihnen ideolo-  turellen Aneignung». Er traf so-
         Name die Barriere zwischen  Betriebe im Kanton Bern. Der                                               gisch nicht in den Kram passt.  gar die bekannte Komikerin
         Landwirtschaft und Konsumen-      Bärner Bio Märit, welcher in die-                                    Dabei argumentieren sie gerne  Nadeschkin (vom Duo Ursus
         ten verringern. Weil wir den-     sem Jahr bereits zum 6. Mal in                                       damit, dass irgendwelche «Ge-  und Nadeschkin), weil sie bei ih-
         ken, dass wir die Konsumenten  Bern auf dem Bundesplatz statt-                                         fühle» von irgendjemandem ver-  ren Auftritten eine Perücke trägt.
         damit besser erreichen können.  fand. Seit diesem Jahr hat der                                         letzt würden.                  Man spricht in diesem Zusam-
         Ohne Bio-Konsument, keine  Kanton Bern wieder eine Vertre-                                                                            menhang auch von der «Cancel
         Bio-Produktion.                   terin im Vorstand der Bio Suisse.                                    Fanatischer Gefühlsterror      Culture»: Damit ist das Aus-
                                           Unser  Vorstandsmitglied Dora                                        Als die Band «Lauwarm» in ei-  schliessen und «Auslöschen»
         Wie stark ist die Berne Bevölke-  Fuhrer wurde an der Delegier-                                        ner linksalternativen Berner Beiz  von unliebsamen Meinungen,
         rung für ihren Biolandbau sen-    tenversammlung im vergange-                                          mitten im Konzert von der Bühne  Personen und Organisationen
         sibilisiert?                      nen Frühling in den Vorstand                                         geholt wurde, wurde dies damit  gemeint. Längst greifen die mo-
         Das ist sehr schwierig zu sa-     gewählt. Das bedeutet für uns,                                       begründet, einigen Zuschauern  dernen Zensoren auch in histo-
         gen. Jedenfalls versuchen wir  dass unsere Stimme und unsere                                           sei es «unwohl» gewesen, weil  rische Werke ein – so darf etwa
         mit unseren Anlässen wie bei-     Arbeit mehr Kraft erhalten.      Manuela Schüpbach: «Wir wollen den   ein weisser Musiker Dreadlocks  Astrid Lindgrens «Negerkönig»
         spielsweise dem jährlichen Bär-                                    Austausch mit den Produzentinnen    trug. Dasselbe passierte, als der  nicht mehr so heissen, wie ihn
         ner Bio Märit auf dem Bundes-     Wie hoch ist der jährliche Ab-   und Produzenten fördern. Auch dies   Ravensburger Verlag seine Win-  die über alle Zweifel erhabene
         platz in Bern, die Bevölkerung  satz der Berner Biobäuerinnen  soll sich dank der neuen Bezeichnung    netou-Kinderbücher vom Markt  Autorin dem Sprachgebrauch
         für den Biolandbau zu sensibi-    und -bauern und wie wollen Sie  vereinfachen.»                       nahm. Auch er argumentierte,  ihrer Zeit entsprechend nannte.
         lisieren.                         diesen noch steigern?                                                dass die Gefühle nicht genann-
                                           An unseren Anlässen und Auf-     bekommen, da der Boden lange        ter Dritter verletzt worden seien.  Nein zur Gesinnungspolizei
         Wie nutzen Sie den Schub von  tritte sollen die Konsument/in-      offen ist. Mögliche Lösungen        Die «Neue Zürcher Zeitung»  Die Ideologie der Wokeness und
         Corona und sensibilisieren sich  nen einen Einblick in den Bio-    könnten Jätroboter sein oder        sprach  deshalb  vom  «Gefühls-  der Cancel Culture gefährden
         noch mehr Konsumentinnen  landbau erhalten und sich von  die Zuckerrüben vorzuziehen                   terror fanatischer Minderheiten».  unsere liberalen Grundwerte.
         und Konsumenten für Bio-Pro-      den Bio-Produkten überzeugen.  und als Setzlinge auf dem Feld                                       Denn sie greift den Kern unserer
         dukte?                            Dies führt bestenfalls dazu, dass  zu setzen, so dass diese bereits   Die Angst vor dem Shitstorm   offenen Gesellschaft an, in der
         Wir haben keine speziellen  mehr Bio gekauft wird und so-          einen Vorsprung gegenüber dem       Tatsächlich müssen wir uns fra-  jeder denken und sagen darf,
         Massnahmen ergriffen. Viel-       mit der Absatz gesteigert wird.  Beikraut haben.Zudem spielt der     gen, wie es soweit kommen  was er will. Die Grenzen des Er-
         leicht kommen jedoch unsere                                        Markt eine grosse Rolle, die Bau-   konnte, dass eine so edle und  laubten definiert der Rechts-
         Jubiläumsevents grad passend.     Die Bio-Bäuerinnen und Bio-      ern haben Existenzängste, wenn      friedliebende Figur wie Winne-  staat. Wir brauchen keine selbst-
                                           Bauern benötigen faire Preis.  Produkte nicht abgesetzt werden       tou,  die  Generationen  von  Le-  ernannte Gesinnungspolizei, die
         Wie viele Biohöfe gibt es im  Wie können Sie diese immer  können. Die Umstellung auf bio-              sern und Filmzuschauern fas-   im Namen von Toleranz und An-
         Kanton Bern und wie hat dies in  gewährleisten?                    logische Landwirtschaft dauert      ziniert, der (Selbst-)Zensur zum  tirassismus selbst intolerant und
         den letzten Jahren entwickelt?    Für die fairen Preise ist Bio  zwei Jahre, das heisst man pro-       Opfer fallen konnte. In Umfra-  rassistisch wird.
         Im Kanton Bern gibt es aktu-      Suisse zuständig. Wir sind eine  duziert bereits biologisch kann     gen zeigt sich, dass die überwie-  Was können wir dagegen tun?
         ell rund 1400 Bio-Betriebe. Bei  Mitgliederorganisation der Bio  die Produkte jedoch noch nicht        gende Mehrheit dafür kein Ver-  Ich wünschte mir, dass wir wie-
         der Gründung unseres Vereins  Suisse.                              in  den Bio-Kanal abliefern. In     ständnis hat. Trotzdem gelingt  der mehr Mut zur offenen De-
         waren es erst 70 Betriebe. Die                                     dieser Zeit  kann sehr viel  pas-   es einer zahlenmässig kleinen,  batte haben. Diskutieren wir
         Anzahl der Betriebe steigt jähr-  Welche Bio-Produkte lie-         sieren auf dem Markt. Dass bei-     aber lautstarken Minderheit, sol-  hart, aber fair; leidenschaftlich,
         lich an.                          gen  momentan  besonders  im  spielsweise ein Markt übersättigt      chen Druck zu erzeugen, dass  aber mit Respekt vor dem An-
                                           Trend?                           ist und die Betriebe auf die War-   die Verantwortlichen nachge-   dersdenkenden. Wir können
         Ein Ziel von Bio Bern ist es, die  Brot, Eier, Früchte, Gemüse     teliste kommen.                     ben. Die Angst vor einem Shit-  über alles diskutieren, auch über
         Sichtbarkeit des Biolandbaus                                                                           storm beeinflusst zunehmend  den edlen Winnetou  und über
         zu erhöhen. Wie gelingt dies?     Was sind die grössten Heraus-    Welche Pläne hat «Bio Bern» in      das Handeln von Politikern und  die  Filzlocken von Musikern.
         Dieses Ziel wollen wir mit unse-  forderungen für die «Bärner  nächster Zeit?                          Unternehmen.                   Aber das darf nicht dazu führen,
         ren Anlässen wie beispielsweise  Bio Bure»?                        Vorerst wollen wir unser Jubilä-    Einen weiteren Grund dafür,  dass wir unsere Kultur beschnei-
         dem Bärner Bio Märit auf dem  Für die Bio-Bauern und -Bäue-        umsjahr und die noch bevorste-      dass sich der Woke-Wahnsinn  den und unliebsame Meinungen
         Bundesplatz in Bern statt und  rinnen ist die tägliche Arbeit  henden Anlässe geniessen und            derart verbreitet, sehe ich darin,  und Personen «canceln», also
         unseren Marktauftritten an der  eine grosse Herausforderung.  anschliessend machen wir die             dass gerade in kulturellen Orga-  löschen. Dieses Wort sagt ei-
         BEA, Sichlete, etc. erreichen.  Besonders die Wetterkapriolen  Pläne,  welche  Projekte  wir  im       nisationen selbst viele Linke sit-  gentlich alles.
         Gemeinsam mit der Berner Bio-     haben eine sehr grosse Auswir-   nächsten Jahr mit Bio Bern um-      zen, die das Gedankengut der  Stehen wir also gemeinsam ein
         Offensive «Bern ist Bio» wol-     kung, weil die Unkrautregulie-   setzen wollen.                      Woke-Bewegung teilen. Ironie  für eine Kultur der Vielfalt, nicht
         len wir ebenfalls auf SocialMe-   rung im Biolandbau mechanisch                                        der Geschichte: Betroffen von  der Einfalt. Howgh!
         dia Konsument/innen erreichen  gemacht wird und die Zeitfens-      Was wünschen Sie sich für «Bio      der Intoleranz der Woke-Apos-
         und über den Biolandbau auf-      ter für den optimalen Einsatz je  Bern»?                             tel sind darum oft linke Gesin-
         klären.                           nach Wetter nur sehr kurz sind.  Mehr direkten Kontakt zwischen      nungsgenossen – wie die Band-
                                           Ausserdem gibt es eine hohe  Bio-Landwirt/innen und Konsu-           mitglieder von «Lauwarm» oder
         Die «Bärner Bio Bure» feierte  Nachfrage bei sehr anspruchsvol-    ment/innen und 20% Anteil Bio-      der österreichische Musiker Ma-  Ihre Meinung zu diesem Thema
         in diesem Sommer Jubiläum.  len Kulturen, wie beispielsweise  Landwirte im Kanton Bern.                rio Parizek, der in Zürich eben-  interessiert uns. Schreiben  Sie
         Was sind die wichtigsten Mei-     Zuckerrüben für Bio-Zucker.                                          falls wegen seiner Frisur ausge-  per Mail an:
         lensteine in den vergangenen  Hier ist die grösste Herausforde-         Interview: Corinne Remund      laden worden war.              schoop@schweizerkombi.ch
         30 Jahren?                        rung das Beikraut in den Griff zu       www.bio-bern.ch
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