Page 13 - Langenthaler Zeitung - KW 2 - 2021
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DIENSTAG, 12. JANUAR 2021 SEITE 13
Ehrenamtliche leisteten im KOLUMNE
Jahr 2020 grossen Sondereinsatz von Johannes Jenny
Wir essen zu billig – ausbaden
müssen es unsere Fische
Bilder: zVg
Grosses Engagement in der Berghilfe: Andrea Gilli, Edith Zwahlen und Pierre Praz (v.l.) «Mit einer neuen Messmethode Wer nach dem Prinzip «Geiz
haben Wissenschaftler des ist geil» einkauft, tötet un-
Ohne sie ginge bei der Schweizer Berghilfe gar nichts: Ehren- Austausch mit Berglerinnen Wasserforschungsinstituts des sere Fische
amtliche leisten in den Bergen die wichtige Prüfarbeit, damit und Berglern motiviert die ETH-Bereichs EAWAG nach- Nur gut 16 % der landwirt-
die Spendengelder richtig eingesetzt werden. Und dieses zeit- Ehrenamtlichen gewiesen, dass die Spitzen- schaftlichen Nutzfläche wer-
liche Engagement war im 2020 wegen der Coronakrise um 15 Jährlich wendet Pierre Praz für konzentrationen in einigen Fäl- den aktuell biologisch bewirt-
Prozent höher. Neben den üblichen 8500 Arbeitsstunden fielen Projektprüfungen und seine len bis zu 170-mal höher sind, schaftet. Landwirte können je-
gut 1200 zusätzliche Stunden an. Umgerechnet sind das rund Tätigkeit im Projektausschuss als in herkömmlichen Messun- doch nur auf BIO umstellen,
150 Arbeitstage. rund 500 Stunden auf. Hinzu ka- gen nachgewiesen. Die Grenz- wenn der Absatz stimmt. Denn
men im vergangenen Jahr rund werte werden damit mas- erst jede zehnte Schweizerin,
Im Rahmen der Corona-Sofort- werden so über 600 Projekte 70 Stunden zusätzlicher Auf- siv überschritten.» berichtete jeder zehnte Schweizer ist be-
hilfe hat die Schweizer Berg- mit rund 35 Millionen Franken wand wegen der Corona-Krise. SRF kürz- reit, etwas
hilfe im vergangenen Jahr über unterstützt. «Wir besuchen je- Die Motivation für den grossen lich. Doch mehr für bio-
100 Projekte mit zwei Millionen des Projekt. Das kann den Ein- Aufwand – er bezieht sie aus nicht erst logisch pro-
Franken unterstützt. Das Geld druck vom Papier vollständig den direkten Kontakten zu den jetzt: We- duzierte Le-
floss an Kleinst- und Kleinunter- kehren», sagt die Berghilfe-Ex- Menschen in den Bergen. «Ich nig beach- bensmittel
nehmen, welche von der Coro- pertin Edith Zwahlen aus Ba- mache diese Arbeiten für die tet, weist die zu bezahlen.
nakrise besonders hart getrof- sel. Deshalb sei der Ortstermin Begegnungen, für den persönli- EAWAG seit Was ist zu
fen wurden. Bei der Berghilfe auch so wichtig. Auch Pierre chen Austausch», bekräftigt er. Jahrzehnten tun? Kaufen
prüfen Experten vor Ort in den Praz, langjähriger Experte aus Auch für Edith Zwahlen ist das auf die Ge- wir, wenn
Bergen alle Projekte. Der vier- fahr für die immer mög-
köpfige Projektausschuss ent- Wassertiere Bild: pixabay lich auf dem
scheidet einmal pro Monat über hin, welche von den Pestiziden Wochenmarkt ein. Denn den
die auszuzahlende Unterstüt- ausgeht, mit denen wir billige Landwirten gehört die Wert-
zung. Damit das Geld für die Lebensmittel herstellen. Die schöpfung für ihre Produkte.
Corona-Nothilfe rasch und ge- Gifte, welche euphemistisch Kaufen wir mehr BIO! Das ist
zielt eintreffen konnte, waren «Pflanzenschutzmittel» ge- nicht teurer, wenn wir wirklich
die Ehrenamtlichen darum zu- nannt werden, töten nicht nur nur einkaufen, was wir brau-
sätzlich gefordert. Den Mehrauf- Pilze, sowie pflanzliche und tie- chen. Denn müssten Herr und
wand mussten sie neben der üb- rische Schädlinge. Sie vernich- Frau Schweizer für Lebens-
lichen Projektarbeit stemmen. ten schleichend die Bewohner mittel weniger mit den Steu-
Insgesamt fielen so neben den unserer Gewässer. Wozu ha- ern und mehr beim Bauern be-
regulären 8500 Arbeitsstunden ben wir Kläranlagen und bauen zahlen, liessen sie weniger ver-
rund 1200 Stunden mehr an. für viele Millionen Fischauf- gammeln und auch krumme
stiegshilfen bei jedem Kraft- Rüebli fänden Absatz. So
Doppelter Aufwand für Bild: Berghilfe werk, wenn liesse sich
Andrea Gilli, Vorsitzender Die Unterstützung der Schweizer Berghilfe löst ein Mehrfaches an Investitionen wir die Le- der Minder-
des Projektausschusses aus, die primär beim lokalen Gewerbe Wertschöpfung und Arbeitsplätze schaffen. bewesen in ertrag bei
Den grössten Zusatzaufwand unseren Ge- der Biopro-
verzeichnete Andrea Gilli, seit dem Kanton Fribourg und Mit- der Grund, sich für die Berghilfe wässern mit duktion aus-
März 2020 Stiftungsratsmitglied glied des Projektausschusses, zu engagieren: «Man bekommt Herbiziden, gleichen.
und in dieser Funktion Vorsit- betont: «Der persönliche Kon- Kontakt zu anderen Menschen, Insektiziden Die Land-
zender des Projektausschusses. takt ist zentral. Die interne Mo- denen man im eigenen Alltag und Fungi- wirtschaft
Statt der vorgesehenen rund tivation der Gesuchsteller kann nicht begegnet. Das ist eine sehr ziden ver- müsste für
zwei Tage pro Monat arbeitet er man nur so abklären. Man sieht bereichernde Wechselwirkung». giften? Die die gleiche
fast vier für die Schweizer Berg- das ganze Gelände, die Installa- Noch deutlicher wird Andrea Schuld al- Bild: pixabay Wertschöp-
hilfe. Notabene neben seinem tionen, man sieht, wie die Leute Gilli: «Ich liebe die Berge, der lein den Bauern in die Schuhe fung viel weniger produzieren,
Pensum als Gemeindepräsident arbeiten und wie sie sind. Das Alpenraum und der Jura sind zu schieben, greift zu kurz. unsere Böden und wir selbst
von Zuoz. «Zum Glück haben ist essenziell.» für mich zentral. Die Berge sind Die Landwirte müssen im Ge- wären gesünder und mehr Ar-
wir im Projektausschuss hervor- mein Lebensraum, und den will strüpp von Direktzahlungen ten zu Land – und vor allem
ragende Leute, da ist eine un- Ehrenamtliche erlebten ich fördern!» und Vorschriften, den katastro- im Wasser – würden überle-
heimliche Kompetenz vorhan- Grenzen der Digitalisierung pd phal tiefen Preisen der Gross- ben. Denn der Kunde ist Kö-
den», sagt Gilli. Der Lockdown im März 2020 verteiler und dem Druck von nig – auch in Sachen Ökologie.
brachte für Pierre Praz grosse Die Schweizer Berghilfe Bevölkerung und Politik einen Seien wir also verantwortungs-
Für Experten ist der direkte Herausforderungen. Er konnte – Weg für ihr Auskommen finden. bewusste Königinnen und Kö-
Kontakt mit Antragstellern wie alle Experteninnen und Ex- Die Schweizer Berghilfe ist eine Die Verantwortung tragen wir nige!
zentral perten – die Projekte nicht be- ausschliesslich durch Spenden alle. Denn über den Einsatz von
Die Schweizer Berghilfe kann suchen, musste Projekte aus der finanzierte Stiftung mit dem Pestiziden auf den Feldern ent-
sich aktuell auf 30 ehrenamtli- Distanz evaluieren. Aber auch Ziel, die Existenzgrundlagen scheiden wir nicht erst, wenn ZUR PERSON: Dr. sc. nat.
che Experten und Expertinnen der Projektausschuss tagte vir- und Lebensbedingungen der die Initiative «Für eine Schweiz Johannes Jenny ist Biologe
aus allen Regionen der Schweiz tuell. Hier zeigten sich die Gren- Schweizer Bergbevölkerung ohne synthetische Pestizide» und seit Jahrzehnten im Ein-
abstützen. Sie stellen mit ihren zen der Digitalisierung: «Wenn zu verbessern. Die Schweizer und die «Initiative für sauberes satz für die Natur und die
Besuchen bei den Gesuchstel- man sich trifft, kann man di- Berghilfe trägt das Gütesiegel Trinkwasser» zur Abstimmung Bevölkerung im Aargau und
lern sicher, dass bei der Berg- rekt miteinander diskutieren, der Stiftung Zewo. kommen, sondern bei jedem in Argentinien.
hilfe die Hilfe von Mensch zu das macht die Entscheidungs- www.berghilfe.ch Einkauf.
Mensch geleistet wird. Pro Jahr findung viel effizienter.»