Page 3 - Langenthaler Zeitung - KW 44 - 2020
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DIENSTAG, 27. OKTOBER 2020                                                                                                                                   SEITE 3






                                                   FORTSETZUNG

         Schon heute haften Schweizer  ländern Tausende von Jobs,  dass dieser auf Verordnungs-
         Firmen für Fehlverhalten im In-  zahlen  Steuern  und  tragen  stufe noch praktikabler ausge-
         und Ausland. Es ist jedoch reine  Schweizer Erfolgsmodelle –  staltet wird.
         Polemik, wenn  man  traurige  wie das Lehrlingswesen – in                                             Mit spitzer Feder …
         Kindergesichter für eine billige  die Welt hinaus. Entwicklungs-   Was passiert, wenn die KVI an-
         Abstimmungskampagne miss-         länder schätzen Privatinves-     genommen wird?
         braucht und  behauptet, man  titionen,  denn  mit  Investitio-     Die Initiative schafft neue,
         verseuche bewusst Trinkwas-       nen kommt auch Know-how  enorme Risiken für Unterneh-
         ser und vergifte Kinder. Gleich-  ins Land und die wirtschaft-     men. Dies ist ein weiterer Punkt,                 Ein «Sitzkreisli» für
         zeitig wählt man einen heuch-     liche Tätigkeit wird angeregt.  der den Wirtschaftsstandort
         lerischen Initiativtitel, weil man  Die Initiative führt hingegen zu  Schweiz ebenso schwächt, wie                   unsere Politiker!
         die Stimmberechtigten bewusst  einem Rückzug von Schweizer  die gleichzeitig zur Abstim-
         in die Irre führen will. Was wir  Firmen aus Entwicklungslän-      mung gelangende Volksinitia-
         nicht unterstützen können, ist  dern. Mit der Initiative müsste  tive «Für ein Verbot der Finan-
         das schädliche Haftungskonzept  ein Unternehmen sicherstel-        zierung von Kriegsmaterial-        Der diesjährige Polit-Herbst lässt  journalistisches Handwerk sollte
         der Initiative, das mit unseren  len, dass es weder bei Tochter-   produzenten». Man muss sich        nichts anbrennen. Die aktuelle  zum Ziel haben, sachlich und
         Rechtsprinzipien bricht: Die In-  unternehmen noch bei sämt-       vor Augen führen: Kein Unter-      Stimmungslage ist angespannt  pragmatisch zu informieren. Mehr
         itiative verlangt eine weltweit  lichen Geschäftspartnern und  nehmen ist gezwungen, sei-             und es braucht oft bloss einen  müssen Herr und Frau Schweizer
         beispielslose automatische Haf-   Zulieferern weltweit zu Verlet-  nen Sitz in der Schweiz zu be-     kleinen Funken, eine kleine Auf-  nicht wissen – sie sollen ihre ei-
         tung    ohne  Eigenverschulden  zungen von Menschenrechten  halten. Würden sich diese Kon-            merksamkeit, ein Freudscher  genen  Baustellen  bewirtschaf-
         für Schweizer Firmen bezüglich  und Umweltstandards kommt.  zerne aufgrund der schädlichen            Versprecher,  um  das  Fass  zum  ten und begrünen! Ein kindisches
         des Verhaltens von eigenständi-   Das ist in bestimmten Regio-     Initiative aus der Schweiz zu-     Überlaufen zu bringen. Die Klima-  Spiel, das im Grund genommen
         gen Lieferanten.                  nen, insbesondere in Entwick-    rückziehen, liesse sich ein Ab-    jugend, die frech und frisch-fröh-  nichts bringt und Feindbilder sys-
                                           lungsländern, nicht möglich.  stieg der Schweiz in die B-Liga       lich auf dem Bundesplatz in Bern  tematisch aufbaut.
         Unsere KMU wären gemäss Ini-      Entsprechend  ist  zu  erwar-    nicht mehr abwenden. Das Re-       campiert und biwakiert und da-  Schauen wir über den grossen
         tianten von der Initiative ausge-  ten, dass Unternehmen die Zu-   sultat wären «portugiesische»      bei illegal und radikal populistisch  Teich – in den USA hat Präsident
         nommen. Stimmt das und wie  sammenarbeit mit bestimmten  Verhältnisse bei uns – sei es bei            auf Umwelt-Panik macht – nota-  Donald Trump einen neuen Polit-
         stark sind KMU davon betrof-      Lieferanten in Risikogebieten  den Spitälern, den Schulen und       bene während unser Parlament  stil etabliert: ständig twittern, of-
         fen?                              beenden – dies dürfte vor al-    den Strassen.                      tagt und das Co2-Gesetz unter  fensichtlich lügen und seine Geg-
         Auch diese Behauptung der In-     lem kleinere, lokale Lieferan-                                      Dach und Fach bringt – stösst  ner verunglimpfen gehört dort an

         itianten ist falsch. Hier gilt es  ten treffen.                         Interview: Corinne Remund     nicht überall auf Gegenfreude.  die Tagesordnung. Die letzten öf-
         drei Punkte zu beachten:                                                                              Die Nachhaltigkeits-Fanatiker, die  fentlichen Wahlveranstaltungen
         •  Die Initiative sieht Erleich-  Können Sie die Anliegen der                                         mit grosser Hartnäckigkeit und  beweisen es: Zwei alte Männer,
             terungen für KMU bei den  Initianten dennoch nachvollzie-                                         Aktivismus das Klima retten wol-  die sich dauernd ins Wort fal-
             Sorgfaltspflichten vor, nicht  hen?                                     ZUR PERSON                len, sorgen bei einigen  unserer  len und sich im politischen Box-
             aber  bei der Haftung.  Um  Selbstverständlich kann ich –       Thomas Fuchs ist gut ver-         Bundespolitkern für rote Köpfe  ring verbal totprügeln. Brauchen
             sich vor einer solchen Haf-   und ich wage zu behaupten je-     netzt und jahrelange Erfah-       und bringen sie gar arg aus dem  wir ein solches Vorbild? Ein flu-
             tung zu bewahren, müssen  dermann – die Ziele der Initia-       rung in der Politik:              Gleichgewicht. Mit Schimpf und  chendes, pöbelndes und provo-
             die KMU künftig belegen,  tive nachvollziehen. Die Instru-      •  Über 20 Jahre parlamen-        Schande gehen die Damen und  zierendes Flittchen Libertas (Li-
             dass eine umfassende Sorg-    mente der Initiative sind jedoch      tarische Tätigkeit im Na-     Herren im National- und Stände-  berty) reicht, da braucht es nicht
             faltsprüfung durchgeführt  extrem  und  schädlich. Zudem            tional-, Gross- und Stadt-    rat nicht nur auf die jugendlichen  noch eine keifende, tobende und
             wurde – so gibt es eben im  möchte ich nochmals betonen,            rat                           Gutmenschen los, sondern be-    beleidigende Landesmutter Hel-
             Endeffekt keine Erleichte-    dass es für die Schweizer Unter-  •  Präsident der SVP Stadt        leidigen ihre Ratskolleginnen und  vetia – einverstanden? Das passt
             rungen für KMU.               nehmen bereits heute eine             Bern und der SVP Büm-         -kollegen gegenseitig.          nicht zur stolzen Frau im wallen-
         •  Bei 80'000 Schweizer KMU  Selbstverständlichkeit ist Men-            pliz                          Zugegeben  –  es ist mehr als är-  den Gewand, die Haare stolz zu
             gibt es zudem überhaupt  schenrecht und Umweltstan-             •  Geschäftsführer des Bun-       gerlich, dass die langsame, rot-  einem  Knoten  gebunden  sowie
             keine Erleichterungen, weil  dards  einzuhalten  –  und  auch       des der Steuerzahler BDS      grüne Berner Stadtregierung äus-  Schwert und Schweizer Wappen
             sie im Risiko-Sektor tätig  dafür geradezustehen, falls ein     •  Präsident  seit  über  25      serst gemächlich und unbeholfen  in  den  Händen  und  Identifikati-
             sind.                         Schaden passiert.                     Jahren in diversen sozia-     zusieht, wie unsere Demokratie il-  onsfigur für die Einheit der Eidge-
         •  Zudem: Sobald ein KMU                                                len  und  ehrenamtlichen      legal mit Füssen getreten wird  –  nossenschaft.
             mit einem Grossunterneh-      Bundesrat und Parlament ha-           Institutionen (Samariter-     aber noch lange kein Grund so-  Doch wer eine einigermassen
             men einen Auftrag abwi-       ben bei einem Nein der Initia-        fahrdienst,  Verband  der     wohl im rechten als auch im lin-  gute  Kinderstube  erfahren  hat,
             ckelt, wird das KMU von der  tive einen Gegenvorschlag aus-         Krankenmobilienmaga-          ken Lager die Contenance zu  sollte sich mit den Anstandsre-
             Initiative erfasst, weil das  gearbeitet, der die Anliegen der      zine)                         verlieren: Es ist wohl unüberhör-  geln in unserer Gesellschaft aus-
             Grossunternehmen die ent-     Initianten wie auch der Wirt-     •  Präsident der Philanth-        bar, dass der Ton in der (Schwei-  kennen. Bereits meine kleinen
             sprechenden Auflagen über  schaft berücksichtig. Unter-             ropischen Gesellschaft        zer) Politik in den letzten 30 Jah-  drei- und vierjährigen Neffen kön-
             Back-to-back Verträge wei-    stützen Sie diese bundesrätli-        UNION Bern                    ren rauer geworden ist. Ebenso  nen da Vorbild sein. Der klassi-
             tergeben muss.                che Alternative und wieso?        •  Präsident der Schweize-        ist es offensichtlich, dass die po-  sche Streit im Sandkasten lösen
                                           Gut ist, dass der Gegenvor-           rischen Vereinigung Pro       litische Kommunikation durch  sie ganz einfach mit einem «Sitz-
         Hilft die KVI wirklich Menschen  schlag grundsätzlich interna-          Libertate (gegr. 1956)        politische Polarisierung, Perso-  kreisli» – mit nachhaltigem Erfolg.
         in  Entwicklungsländern oder  tional abgestimmt ist und sich        •  Präsident des Partei-          nalisierung und sogenanntes  Das geht folgendermassen: tief
         gibt die Initiative nur vor, Gutes  am Ansatz der UK, der EU, Aus-      unabhängigen  Informa-        «Negatives Campaining» – also  ein- und ausatmen,  Mama und
         für die Menschen in aller Welt  traliens und USA orientiert.            tionskomitees PIKOM (in       durch  das  gezielte  Schlechter-  Papa tief in die Augen schauen
         zu tun?                           Der Gegenvorschlag ist jedoch         Aarau)                        machen des Gegners – geprägt  und gut zuhören, sich beruhi-
         Schweizer       Unternehmen       schärfer ausgestaltet als in vie-                                   ist. Die Verrohung scheint zuge-  gen, die Situation möglichst ob-
         schaffen in Entwicklungs-         len Ländern. Es ist wichtig,                                        nommen zu haben und es wer-     jektiv beurteilen und ganz wichtig,

                                                                                                               den klare Feindbilder geschaffen!  sich dann mit einem Küsschen für
                                                                                                               Nicht nur die sozialen Medien,  das Fehlverhalten entschuldigen.
                                               DIE INITIATIVE                                                  auch klassische Medien spielen  Denn wer macht schon gerne ein
                                                                                                               dabei eine wesentliche Rolle. So  «Sitzkreisli» mitten im Verkehrs-
            Die Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Um-           empfängt  beispielsweise  unser  haus, auf dem Bahnhof oder im
            welt» – bekannt als Konzernverantwortungsinitiative – verlangt, dass Unternehmen mit Sitz in       Schweizer Fernsehen und Radio  Selbstbedienungs-Restaurant
            der Schweiz die Menschenrechte und internationale Umweltstandards auch im Ausland respek-          die Klimaktivisten mit offenen Ar-  der Migros – oder eben auf dem
            tieren müssen. Verletzt eine Schweizer Firma im Ausland diese Rechte, soll sie dafür haftbar ge-   men und bietet ihnen eine gross-  Bundesplatz? Ein solches «Sitz-
            macht werden können. Sprich: Menschen, die im Ausland von einer Schweizer Firma geschädigt         zügige Plattform für ihre Mes-  kreisli» würde ich daher auch un-
            wurden, sollen hier auf Schadenersatz klagen können. Einzige Ausnahme von der Haftungsre-          sage. In diesem Zusammenhang  seren Politkern empfehlen – dies
            gelung: Wenn die Firma nachweisen kann, dass sie ihren Sorgfaltspflichten nachgekommen ist.        frage ich mich: Wo bleiben da  hilft dem guten Ton im Bundes-
                                                                                                               Ethik, Korrektheit und Ausgewo-  haus  wieder  auf  die  Sprünge.
            Das Parlament hat deshalb einen griffigen Gegenvorschlag erarbeitet, der Unternehmer ver-          genheit meiner Berufskolleginnen  Für die Entschuldigung reicht in
            pflichtet, über ihr Engagement zu berichten. Für Kinderarbeit und Konfliktmineralien sieht er so-  und -kollegen?  Für objektive und  Coronazeiten  übrigens  auch ein
            gar strengere Sorgfaltspflichten vor. Wer dagegen verstösst, wird bestraft. Der Gegenvorschlag     neutrale Berichterstattung – also  Luftküsschen. Ach ja – Gian und
            kann bei einem Nein der Initiative sofort umgesetzt werden – ohne langwierige Diskussionen im      reine Information – ist es abso-  Luuk geben gerne Nachhilfe-Un-
            Parlament. Die Schweiz würde auf einen Schlag zur weltweiten Vorreiterin im Bereich Unterneh-      lut nicht notwendig, die verbalen  terricht!
            mensverantwortung werden.                                                                          Ausrutscher unserer Parlamen-
                                                                                                               tarierinnen und Parlamentarier in  Herzlichst,
                                                    Weitere Infos:                                             der Tagespresse breit zu treten.  Ihre Corinne Remund
                                          www.leere-versprechen-nein.ch                                        Was  soll  denn  das?  Fundiertes  Verlagsredaktorin
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